Illustration InnoRAD Superblocks in Barcelona

Die Superblocks in Barcelona haben nachweislich die Lebensqualität in der Stadt erhöht. © ADFC/April Agentur

Für mehr Lebensqualität: Die Superblocks in Barcelona

ADFC-Projekt InnoRAD hat sich gute Ideen in der internationalen Radverkehrsförderung angeschaut und geprüft, wie diese in Deutschland anwendbar sind. Die Superblocks in Barcelona zeigen, wie ganze Bezirke in lebenswerte Wohnoasen verwandelt werden.

Barcelona gehört zu den am dichtesten besiedelten Städten Europas. Die Stadt weist eine viermal höhere Bebauungs- und Einwohnerdichte auf, als ursprünglich geplant. Das hat Folgen: In gibt Barcelona es heute fast keine Grünflächen mehr. Viele Autos und wenig Grünflächen schränken den öffentlichen Raum stark ein, in dem Menschen sich treffen, austauschen oder verweilen können. Lärm und schlechte Luft sind weitere Konsequenzen.

Mit dem Konzept der Superblocks ging Barcelona das Problem an und setzte es als Experiment mutig in mehreren Wohnquartieren ein. „Superilles“, wie die Superblocks in Barcelona genannt werden, sind Quartiere von drei mal drei Wohnblöcken, aus denen das Auto großenteils verdrängt ist. Der dadurch gewonnene öffentliche Raum lädt Menschen zum Rad fahren, Flanieren oder Verweilen durch Grünflächen, Radwege, Sitzbänke und andere Stadtmöbeln ein.

Stadtteile neu definieren

Die Superblocks bilden idealerweise kompakte Stadtabschnitte, in denen besondere Verkehrsregeln gelten. Die Geschwindigkeit innerhalb des Superblocks ist auf 10 km/h begrenzt. Außerdem dürfen Kraftfahrzeuge immer nur links abbiegen, so landen sie schnell wieder auf den Hauptstraßen außerhalb des Superblocks.

Das Befahren von Superblocks sind daher nur für Anlieger*innen und Lieferverkehr sinnvoll. Parkplätze müssen für Menschen und Fahrrad weichen. So wird der Superblock für motorisierte Fahrzeuge unattraktiv, und die Straßen verwandeln sich in fußgängerfreundliche öffentliche Räume.

 

Umweltfreundliche Bezirke

Barcelona kämpft wie viele andere Großstädte mit schlechter Luftqualität und hohen Tempertaturen im Stadtkern – bis zu acht Grad kann es im Zentrum wärmer als im Umland sein.

Auch die EU-Vorgaben zur Luftreinheit erreicht Barcelona nicht. Dafür fehlen Grünflächen: Während es in Barcelona nur 2,7 Quadratmeter Grünfläche pro Einwohner*in gibt, sind es in Berlin 72 Quadratmeter pro Person. Die Stadtverwaltung zog die Notbremse, und das Auto muss das Stadtzentrum verlassen.

Mit der Umgestaltung der Wohnbezirke hat sich die Lebensqualität schlagartig verbessert: Pflanzen und Bäumen ersetzten an vielen Stellen Beton und Asphalt. Die Grünflächen verdoppelten sich und die NO2-Emission sank um 24 Prozent.

Innerhalb der Superblocks wurden 80 Prozent der Flächen für den Fuß- und Radverkehr frei, die sonst auf einer Straße für den motorisierten Verkehr nicht möglich wären. Der Radverkehr stieg um 30 Prozent, der Autoverkehr ging hingegen um 26 zurück.

Vorteile für Menschen und Wirtschaft

Der neu gestaltete öffentliche Raum hat das nachbarschaftliche Leben verändert. Dort, wo früher parkende Autos waren, sind Spielplätze, Bäume, Bänke und Picknicktische entstanden. Die Anwohner*innen erkannten – trotz anfänglicher Skepsis – schnell die Vorteile der Neugestaltung.
Dort, wo Raum für Begegnungen entstand, entwickelte sich auch schnell das öffentliche Leben.

Mit weniger Autoverkehr bewegten sich Menschen mehr zu Fuß und fahren Rad. Die Entschleunigung im Bezirk und das entspannte Flanieren haben sich auch wirtschaftlich positiv ausgewirkt. Die Anzahl der kleinen Läden und Geschäfte in den Begegnungsbereichen stieg um 30 Prozent.

Der Mensch im Mittelpunkt

„Die Kommunikation mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ist bei solchen Projekten sehr wichtig. Zusammen mit ihnen und Interessengruppen können zielgenaue Lösungen entwickelt werden“, sagt Melissa Gómez, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim ADFC-Projekt InnoRAD.

Es sei auch sehr wichtig, dass solche Superblocks großflächig eingesetzt werden, damit möglichst viele Viertel vom Umbau profitieren und nicht nur einige wenige, denn dann könne eine Gentrifizierung einsetzen und die ursprünglichen Anwohner*innen durch zahlungskräftigere Mieter*innen vertrieben werden, so Gómez weiter.

Superblocks als Erfolgsmodel

„Mit Superblocks hat die Stadt Barcelona einen klaren Fokus auf den Menschen gesetzt. Auch in Deutschland brauchen wir einen so klaren Paradigmenwechsel, wenn wir Verkehrswende erreichen wollen“, sagt Burkhard Stork, ADFC-Bundesgeschäftsführer.

Auch deutsche Städte müssen ihre CO2-Emissionen reduzieren. Das ist eine Vorgabe der EU. „Das Beispiel von Barcelona zeigt, dass die Reduzierung des Autoverkehrs nicht nur die Lebensqualität verbessert, sondern auch zum Klimaschutz beitragen kann“, sagt Stork.

Das Konzept der Superblocks kann an jede städtische Struktur angepasst werden. Eine blockartige Form des Quartiers ist dafür nicht relevant. Entsprechend wurde das Konzept der Superblocks bereits in unterschiedlichen Städten umgesetzt, beispielsweise in Vitoria-Gasteiz (Spanien), Quito (Ecuador), Buenos Aires (Argentinien) und Vancouver (Kanada).

Im Rahmen des Projekts InnoRAD hat der ADFC hat überprüft, ob das Konzept auf Deutschland übertragbar ist und mit welchen Mitteln dies ginge.

Weitere Informationen sowie Links zu den InnoRAD-Factsheets befinden sich in der blauen Servicebox.

Logos: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Bundesumweltamt
Logos: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Bundesumweltamt © BMU / UBA

Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.
Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.

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https://bw.adfc.de/artikel/fuer-mehr-lebensqualitaet-die-superblocks-in-barcelona-6

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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