Portrait von Megan Sharkey

Megan Sharkey ist Stadtforscherin an der University of Westminster und hat die Umsetzung der Mini-Hollands begleitet. © Nina Hollington Photography

Für mehr nachbarschaftliches Miteinander

Ein Interview mit Megan Sharkey, Stadtforscherin an der University of Westminster, über das Konzept der verkehrsberuhigten Bezirke in Londoner Außenbezirken und über die Effekte der Superblocks in Barcelona.

Drei Londoner Außenbezirken Waltham Forest, Kingston und Enfield wurden nach niederländischem Modell in Fahrrad- und Fußgängeroasen verwandelt. In den sogenannten Mini-Hollands sollte sich das Radfahren für alle Menschen so einfach, angenehm und sicher anfühlen wie in den Niederlanden.

Warum das Konzept sich über die Fahrradfreundlichkeit hinaus bewährt hat, erzählt Megan Sharkey im Interview. Die Stadtforscherin an der University of Westminster hat die Umsetzung des Mini-Hollands-Projekts in drei Londoner Bezirken wissenschaftlich begleitet.

Warum sind verkehrsberuhigte Bezirke so wichtig?

Verkehrsberuhigte Bezirke sind der erste Schritt auf dem Weg zu autofreien Städten. Sie verwandeln Straßen in Orte, in denen nachbarschaftliches Miteinander gelebt wird und wo Kinder aufwachsen können.

Sie ermöglichen es Menschen jedes Alters zu Fuß zu gehen oder Rad zu fahren, sie reduzieren Schadstoffe und erleichtern uns den Weg in die Geschäfte und Schulen. Pkws hingegen sind teuer, schlecht für die Umwelt, nehmen sehr viel Platz ein und haben negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Trotzdem treten wir enorm viel Platz in unseren Städten an Autos ab.

Wie hat das Mini-Holland-Projekt das Leben in den Londoner Bezirken verändert?

Die Verkehrsberuhigung hat große Vorteile für Schulen. Elterntaxis können den Pendelverkehr in Großstädten wie London und Sidney um bis zu 25 Prozent erhöhen. Ohne sie werden die Quartiere vom Kfz-Verkehr entlastet und um die Schulen herum wird die Luft sauberer.

Ohne Elterntaxis sind Kinder schon vor dem Unterricht aktiv unterwegs. Bewegung hilft gegen Fettleibigkeit und physische Aktivität verbessert auch geistige Fähigkeiten. Eine Win-Win-Situation.

Auch Geschäfte profitieren, dass zeigen die Mini-Hollands in London und die Superblocks in Barcelona: Wo die Geschwindigkeit sinkt, steigen die Umsätze – das ist der Schlüssel zum Erfolg. Fußgängerzonen machen das Einkaufen sicherer, erleichtern den Zugang zu Geschäften und stärken auch Beziehungen in der Nachbarschaft. Sie werden Treffpunkte.

Die Vorteile der verkehrsberuhigten Bezirke sind zahlreich. Menschen merken sie schnell: In Waltham Forest, einem der Londoner Mini-Hollands-Bezirke, haben sich nur 1,6 Prozent der Bewohner*innen für eine Rückkehr zur alten Straßengestaltung ausgesprochen.

Kann dieses Modell in anderen Städten angewandt werden?

Der Vorteil der verkehrsberuhigten Bezirke ist, dass das Konzept mit leichten Anpassungen an verschiedenen Orten anwendbar ist. Im Grunde geht es darum, dass Wohnbezirke durch Gestaltung und Verkehrsregeln für den Durchgangsverkehr als Abkürzungen unattraktiv werden.

Das schafft Veränderungen, die mit Durchgangsverkehr nicht möglich wären. Barcelonas Superblocks sind ein gutes Beispiel dafür. Sie schaffen Parks für Kinder, Raum für Geschäfte und eine gute Straßengestaltung in einer verkehrsberuhigten Nachbarschaft macht es Menschen einfacher, zu Haltestellen oder Bahnhöfen zu laufen oder zu radeln. Das ist entscheidend, wenn man Menschen von nachhaltiger Mobilität begeistern möchte.

Stadtentwicklung und Radverkehr: Die besten internationalen Ideen

Immer mehr Kommunen entwickeln innovative Konzepte für lebenswerte Orte mit dem Menschen im Mittel­punkt durch weniger Autoverkehr und mehr Platz fürs Fahrrad. Ihr Ziel ist es, neben der Einsparung von Treibhausgasemissionen, den Anteil des Rad­verkehrs zu erhöhen und so für alle vor Ort die Lebens-, Aufenthaltsquali­tät und die Verkehrssicherheit zu verbessern. Im Projekt „InnoRAD“ wurden besonders erfolgreiche Best- Practice-Beispiele aus der internationalen Radverkehrs­förderung ausgewählt und deren Anwendung im deutschen Rechtsrahmen geprüft. Von den Superblocks in Barcelona über die autofreien Tage in Bogotá bis zu den Mini-Hollands in London geht es den politischen Entscheidungsträger*in­nen vor allem um eines: Sie wollen lebenswerte Stadträume für die Menschen schaffen, die sich in der Stadt bewegen.  Das Booklet InnoRAD - Stadtentwicklung und Radverkehr: Die besten internationalen Ideen zeigt Wege auf, wie auch in Deutschland inno­vative Ideen aus dem Ausland umgesetzt werden können, um den Radverkehrsanteil zu erhöhen. Im Zentrum der Recherchen standen Städte, die es geschafft haben, in relativ kurzer Zeit viel zu verändern. Das Booklet steht in der blauen Medienbox zum Download zur Verfügung.

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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