Radwegende © ADFC Baden-Württemberg

Offener Brief zur Budgetkürzung im Bundeshaushalt

Der ADFC Baden-Württemberg verschickt einen offenen Brief zur Budgetkürzung für den Radverkehr im Bundeshaushalt an die MdBs aus Baden-Württemberg.

Aufgrund der Budgetkürzung für den Radverkehr im Bundeshaushalt 2024 und den daraus entstehenden Engpässen bei Land und Kommunen hat der Vorsitzende des ADFC Baden-Württemberg, Dr. Matthias Zimmermann, im Namen der über 28.000 Mitglieder im Südwesten den Bundestagsabgeordneten des Landes folgenden offenen Brief zugesandt:

Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages aus Baden-Württemberg,

kürzlich hat der Bundesfinanzminister den Haushaltsplan 2024 mit drastischen Kürzungen für den Radverkehr dem Parlament vorgestellt. Lediglich 400 Millionen Euro sind demnach bundesweit für den Radwegeausbau vorgesehen. Dies ist im Vergleich zum Jahr 2022 fast eine Halbierung der Mittel (zum Vergleich: 2023 sind es 550 Mio. Euro). Und das, obwohl im Nationalen Radverkehrsplan, der die Zielsetzung des Radwegeausbaus bis 2030 darstellt, 30 Euro pro Kopf pro Jahr in Deutschland eingeplant ist. Die 30 Euro stellen einen Orientierungswert dar, um Deutschland bis 2030 zum Fahrradland zu machen. Bund, Länder und Kommunen sollen davon jeweils ein Drittel übernehmen.

Im Klartext bedeutet dies: Bei 83 Millionen Einwohner*innen müssten rund 2,5 Milliarden Euro jährlich in Radwegeausbau investiert werden. Wenn der Bund jetzt kürzt, obwohl die 30-Euro-Marke auch 2023 nicht einmal annähernd erreicht wurde, wackelt die Finanzierung des Radverkehrs erheblich und das Fahrradland rückt in unerreichbare Ferne. Die Verkehrsministerkonferenz der Länder fordert sogar eine Milliarde Euro pro Jahr vom Bund für Radwegeausbau. Dem schließt sich der ADFC Baden-Württemberg an und fordert die Fahrradmilliarde – davon sind wir mit dem neuen Bundeshaushalt weit entfernt.

Mit dem vom Bundesfinanzminister vorgeschlagenen Haushalt würde Deutschland im Radverkehrsausbau um Jahre zurückgeworfen werden. Damit Deutschland aber endlich Fahrradland wird, müssten die Länder in die Bresche springen und die fehlenden Mittel zur Fahrradmilliarde ausgleichen. Die Bundesländer müssten 2024 also zusätzlich zu ihrem Drittel vom Kuchen 600 Millionen Euro aufbringen, um ihre Kommunen ausreichend bei der Mobilitätswende zu unterstützen. Wenn der Bund die Radverkehrsmittel also nicht aufstockt, stehen sowohl das Land als auch die Kommunen alleine da und die Mobilitätswende vor Ort muss ausfallen bzw. würde deutlich gebremst. In Baden-Württemberg wurden 2023 nach Aussage des Landes bereits sämtliche für den Radwegeausbau zur Verfügung stehenden Mittel abgerufen. Es zeigt sich also deutlich, dass Bedarf im Land vorhanden ist – und das so häufig verwendete Argument, dass nicht alle Mittel abgerufen würden, zumindest in Baden-Württemberg nicht verfängt.

Es ist zu begrüßen, dass der Verkehrsetat des Bundes für 2024 insgesamt vergrößert werden soll. Auch die Annäherung der Budgets von Straße und Schiene ist ein Schritt in Richtung Mobilitätswende. Allerdings geschieht dies auf Kosten des Radverkehrs. Im Gegensatz dazu soll die Autobahn GmbH 2024 eine halbe Milliarde Euro mehr bekommen als noch 2023. Dieser Sachverhalt lässt keine andere Interpretation zu, als dass die Kürzungen im Radverkehr direkt in Autobahnbau und -sanierung fließen. So ist nicht nur der Nationale Radverkehrsplan in Gefahr, sondern die Klimaschutzziele der Bundesregierung werden wissentlich verfehlt. Der Bundesfinanzminister gibt an, mit dem Bundeshaushalt 2024 alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt zu haben. Für den Straßenetat scheint dies nicht zu gelten. Denn die geplanten Ausgaben für Bundesfernstraßen zeigen, dass Investitionen trotz Sparkurs möglich sind. Wenn die Bundesregierung weiterhin auf diesem Kurs bleibt, wird das Auto das vorherrschende Transportmittel bleiben. Die wenigen mutigen Radfahrenden in Baden-Württemberg werden ohne entsprechende Infrastruktur immer weiter von der Straße verdrängt und gefährdet. Dadurch wird der Radwegeausbau nicht nur hier bei uns in Baden-Württemberg, sondern bundesweit gehemmt und damit die Klimaschutzziele gefährdet. Dabei hat sich gerade Baden-Württemberg die Verdopplung des Radverkehrs bis 2030 auf die Fahne geschrieben. Klimaschutz braucht die Mobilitätswende und die Mobilitätswende braucht den Radverkehr!

Deshalb bitte ich Sie im Namen aller Mitglieder des ADFC Baden-Württemberg: Machen Sie sich in den entsprechenden Fachausschüssen dafür stark, dass die im Verkehrsetat vorgesehenen Mittel für Straßenbau und -sanierung umverteilt und für den Radverkehr eingesetzt werden. Nur mit konsequenten Investitionen von mindestens 30 Euro pro Person pro Jahr für den Radverkehr können wir Lebensräume gestalten und eine gesellschaftliche Kultur schaffen, in denen Radfahren selbstverständlich und gleichberechtigt, sicher und komfortabel ist – für alle Menschen in Baden-Württemberg und bundesweit. Und nur mit entsprechenden Bundesmitteln für den Radverkehr können wir Deutschland zu einem Fahrradland machen, in dem sich auch kommende Generationen wohl, sicher und gesund fühlen können.

Und zu guter Letzt: Wenn man die Dimensionen betrachtet, welchen Anteil die strittige Summe von rund einer halben Milliarde jeweils im Straßenbau- und Radwegeetat ausmachen: Da die Kilometer-Kosten für Radwege so viel geringer sind als für Bundesfernstraßen, können so viel mehr Radwegkilometer nicht gebaut werden als die wenigen Kilometer Autobahn, die man dafür mehr bekommt! Auch in Ihren Wahlkreisen dürften einige Kilometer Radwegneubau von Ihren Bürgerinnen und Bürgern deutlich positiver wahrgenommen werden als die paar Meter Bundesfernstraße, die statistisch in Ihrem Wahlkreis ankommen.

Mit freundlichen Grüßen

ADFC Baden-Württemberg

Dr. Matthias Zimmermann
Landesvorsitzender


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