Mit dem Rad zur Grundschule
Wann Kinder den Schulweg per Rad meistern, hängt von individuellen Fähigkeiten und der Verkehrssituation auf dem Weg ab. Bis zur Radfahrausbildung müssen sie aber nicht warten, um zur Schule zu radeln.
Viele Eltern stellen sich die Frage, ob sie ihre Kinder alleine mit dem Fahrrad zur Grundschule fahren lassen sollen. Sie sind verunsichert, weil andere Eltern ihren Nachwuchs nur mit dem Auto bringen oder weil die Schule den Schulweg per Rad beispielsweise nur nach absolvierter Radfahrausbildung oder mit Helm erlauben möchte.
Radfahrprüfung nicht überschätzen
Die Radfahrausbildung ist in der dritten und vierten Klasse vorgesehen und endet meist mit einer Prüfung: Im theoretischen Teil beantworten die Kinder Fragen rund um das richtige Verhalten im Straßenverkehr. Im praktischen Teil müssen sie zeigen, dass sie dieses Wissen auch anwenden können.
Diese Prüfung sollte aber nicht überschätzt werden. Die Ausbildung ist recht kurz. Oft werden im immer gleichen geschützten Raum – häufig sogar nur auf dem Schulhof oder in einer Halle – dieselben Standardsituationen geübt, die an der Realität des konkreten Schulwegs teilweise vorbeigehen.
Kindern gelingt es häufig nicht, das im Schonraum oder in Standardsituationen Gelernte auf die realen Situationen ihres Schulwegs zu übertragen. Ähnlich ist es nach intensivem Schulwegtraining: Die Kinder beherrschen zwar diesen Weg weitgehend, haben aber bei anderen Wegen noch Schwierigkeiten.
Zusätzlich vermittelt die Radfahrprüfung eine Sicherheitsillusion: Das Kind ist nun „geprüft“ und fit für alle Radfahrsituationen. Darauf bereitet die Radfahrausbildung aber nicht vor. Meist fehlt es an Zeit und Personal für gemeinsame Ausfahrten in kleinen Gruppen – um mit Kindern wichtige, ganz konkrete Verkehrssituationen zu erkunden. Diese Aufgabe ist nur zusammen mit den Eltern zu bewältigen.
Radfahrverbote gibt es nicht
Rein rechtlich ist die Situation eindeutig: Schulen dürfen keine Radfahrverbote aussprechen. Die Entscheidung, das Kind mit dem Fahrrad zur Schule fahren zu lassen, liegt ausschließlich bei den Eltern. Hinzukommt, dass die Radfahrprüfung keine vorgeschriebene Erlaubnis zum Fahren eines Fahrrads ist. Ebensowenig darf die Schule Kindern vorschreiben, einen Helm zu tragen.
Alle Schülerinnen und Schüler sind auf den Wegen von und zur Schule im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Dieser Versicherungsschutz besteht unabhängig vom Alter und vom Verkehrsmittel – also auch dann, wenn Kinder trotz anderweitiger Empfehlungen der Schule mit dem Rad fahren.
Dennoch bleiben Eltern auch auf dem Schulweg für ihr Kind verantwortlich und müssen dafür sorgen, dass es sein Rad beherrscht und die Verkehrsregeln beachtet.
Elterntaxi ist keine Lösung
Es gibt Schulen, an denen die Umgebung so gefährlich ist, dass Schulleitung und Eltern Kinder nicht mit dem Rad zur Schule fahren lassen wollen. Das sollten Eltern ernst nehmen und sich ein Bild vor Ort machen. Wird der starke Autoverkehr vor Schulen von den Eltern selbst verursacht, weil sie ihr Kind mit dem Auto bringen, sind Halteverbote und spezielle „Kiss and go“-Parkzonen weit ab vom Schuleingang Mittel, das Verkehrschaos vor Schulen zu reduzieren.
Deutschlandweite Kidical Mass
Am 19. und 20. September 2020 können sich alle für kinder- und fahrradfreundliche Städte einsetzen. Bundesweit wollen kleine und große Radfahrer*innen zeigen, dass sie Städte möchten, in denen sich alle Generationen sicher und selbstständig bewegen können.
Dabei sein und mitmachen: www.kinderaufsrad.org
Meistens ist der Schulweg für Grundschulkinder so kurz, dass sie ihn durchaus zu Fuß oder mit dem Rad bewältigen können. Eltern tragen also zur Sicherheit vor Schulen bei, wenn sie dort nicht Auto fahren.
Zudem können sie sich dafür einsetzen, dass die Infrastruktur für den Rad- und Fußverkehr auf den Schulwegen verbessert wird: Tempo 30-Zonen, Fußgängerampeln und Überquerungshilfen ermöglichen es nicht nur Kindern, sich im Straßenverkehr sicherer zu bewegen.
Fit für den Straßenverkehr
Sicheres Radfahren im Straßenverkehr setzt viele Fähigkeiten voraus: Kinder müssen ihr Gleichgewicht halten, das Fahrrad abbremsen und seinen Bremsweg einschätzen können oder die Spur halten, wenn sie sich umschauen und die Hand zum Abbiegen ausstrecken.
Sie müssen sich im Straßenverkehr orientieren können, Verkehrssituationen verstehen und vorausschauend denken. Mit dem Rad sind sie deutlich schneller unterwegs als zu Fuß, entsprechend schneller können sich Verkehrssituationen ändern. Wie weit ein Kind dazu schon in der Lage ist, können Eltern bei ihrem Nachwuchs am besten einschätzen.
Mit dem Rad zur Grundschule
In der Praxis zeigt sich, dass Grundschulkinder der ersten und zweiten Klasse vom konsequenten Radfahrtraining besonders profitieren und im Schonraum schnell lernen, ihr Fahrrad sicher zu beherrschen.
Ein Kind, das sein Fahrrad beherrscht, kann sich besser auf den Straßenverkehr konzentrieren. Daher sollten Eltern mit ihren Kindern das Radfahren üben. Je eher sie damit anfangen, desto besser gelingt es, die Radfahrkompetenz der Kinder auszubilden.
Kinder im Grundschulalter müssen lernen, wie sie sich im realen Straßenverkehr verhalten sollen. Es fällt ihnen schwer, eine Situation aus dem Schonraum auf den realen Straßenverkehr zu übertragen. Deshalb sollten Eltern mit ihren Kindern alle Alltagswege üben, die zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegt werden.
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