Gut umgesetzte Fahrradstraßen
Gut umgesetzt sind Fahrradstraßen komfortabel und sicher für geübte und ungeübte Radfahrende jeden Alters. Das Einrichten von Fahrradstraßen hat der Gesetzgeber 2021 für Kommunen erleichtert.
Fahrradstraßen sind ein wichtiges Element im Baukasten für jede Kommune, die schnell und kostengünstig ein attraktives Radverkehrsnetz aufbauen will. Gut umgesetzt sind Fahrradstraßen komfortabel und sicher für alle Typen von Radfahrenden.
Deshalb möchte der ADFC Städte und Gemeinden ermutigen, Fahrradstraßen in geeigneten Straßen zügig einzurichten und so zu gestalten, dass sich alle Bürger:innen zum Fahrradfahren eingeladen fühlen.
Mit der StVO-Novelle von 2021 ist die Anordnung von Fahrradstraßen deutlich erleichtert worden. Fahrradstraßen dürfen nun auf folgenden Straßen eingerichtet werden:
- Straßen mit einer hohen Fahrradverkehrsdichte,
- Straßen mit einer zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte,
- Straßen mit einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder
- Straßen mit lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr
Entfallen ist endlich die bisherige Voraussetzung, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart sein musste.
Was ist eine Fahrradstraße?
Fahrradstraßen sind Verkehrsflächen, die dem Radverkehr vorbehalten sind, eingeschlossen sind auch Elektro-Kleinstfahrzeuge wie E-Tretroller und Velo-Cars. Der Kfz-Verkehr darf Fahrradstraßen nicht oder nur sehr eingeschränkt mitnutzen. Die Fahrradstraßen sind dann entsprechend ausgeschildert.
Im Unterschied zum übrigen Straßennetz hat der Radverkehr in Fahrradstraßen immer Vorrang. Das Nebeneinanderfahren mit dem Fahrrad ist in Fahrradstraßen – auch in Gruppen – ausdrücklich erlaubt.
In Fahrradstraßen darf höchstens Tempo 30 gefahren werden. Wenn nötig, muss der Kfz-Verkehr sein Tempo weiter drosseln, auf die Radfahrenden Rücksicht nehmen und langsam hinterherfahren. Radfahrende dürfen vom Kfz-Verkehr weder behindert noch gefährdet werden.
Was macht eine gute Fahrradstraße aus?
Fahrradstraßen besitzen eine wichtige Funktion für lückenlose Radwegenetze. Gut umgesetzte Fahrradstraßen sind ein wichtiger Teil von Radwegenetzen. Sie ermöglichen komfortables, sicheres Radfahren, können Radverkehre bündeln und beschleunigen – und das alles bei einer sehr hohen Verkehrssicherheit.
Fahrradstraßen sind daher ein Schlüsselelement für die zügige und kostengünstige Radverkehrsförderung in Kommunen, auch um neue Bevölkerungsgruppen zum Radfahren einzuladen.
Der Erfolg einer Fahrradstraße hängt jedoch ganz wesentlich von der Qualität ihrer Umsetzung ab. Momentan gibt es in Deutschland nur wenige Ausführungen zur einheitlichen Gestaltung von Fahrradstraßen in Gesetzen und Regelwerken, wodurch bundesweit ein buntes Potpourri verschiedenster Varianten entstanden ist, das von der reinen Ausschilderung bis zur aufwändigen baulichen Lösung reicht.
Zudem werden die verkehrsrechtlichen Anordnungen, in wie weit der Kfz-Verkehr in Fahrradstraßen eingeschränkt wird, regional und lokal sehr unterschiedlich gehandhabt. Laut einer Untersuchung der GDV/UDV sind 96 Prozent der Fahrradstraßen in Deutschland nach wie vor für den motorisierten Verkehr freigegeben.
Das widerspricht dem Konzept der Fahrradstraßen, insbesondere was ihr Ziel der Unfallvermeidung angeht. Diese Situation ist aus Sicht des ADFC nicht zufriedenstellend. Im Folgenden werden daher einige zentrale Eigenschaften guter Fahrradstraßen formuliert.
Gut umgesetzte, moderne Fahrradstraßen
- sind klar und eindeutig erkennbar: Fahrradstraßen sind dann wirkungsvoll, wenn sie als spezifische Führungsform des Radverkehrs klar erkennbar sind und möglichst einheitlich gestaltet werden. Das Design der Straße lässt in diesem Fall alle Verkehrsteilnehmenden intuitiv erkennen, dass es sich um eine „Straße für das Fahrrad“ handelt. In den Niederlanden wird das beispielsweise u. a. durch eine durchgängige Roteinfärbung des Asphalts (wie bei Radwegen) kenntlich gemacht.
- sind autoreduziert: Eine Fahrradstraße soll das Radfahren in Nebenstraßen deutlich leichter, sicherer und entspannter machen. Daher ist es von zentraler Bedeutung, den Kfz-Durchgangsverkehr aus Fahrradstraßen herauszuhalten und dem Radverkehr an Kreuzungen und Einmündungen zur Vermeidung von Kollisionen grundsätzlich Vorrang einzuräumen. Dort wo der Kfz-Verkehr nicht gänzlich unterbunden werden kann, empfiehlt der ADFC den Einsatz von modalen Filtern (bauliche Durchfahrtssperren für den Kfz-Verkehr) sowie die Einrichtung gegenläufiger Einbahnstraßen, um Kfz-Durchgangs- und Schleichverkehre zu unterbinden.
- schaffen Platz und Vorrang für den Radverkehr: Das Kfz-Parken sollte in Fahrradstraßen nach Möglichkeit beidseitig verboten oder weitestgehend unterbunden werden. Dadurch entfallen Parksuchverkehre und Konflikte von Radfahrenden mit parkenden Autos oder Kollisionen mit dem Gegenverkehr, wie sie etwa an Knotenpunkten oder Engstellen entstehen, werden reduziert. Wird das Kfz-Parken stellenweise erlaubt, ist es wichtig, dass zum ruhenden Verkehr Sicherheitstrennstreifen mit einer Breite von mindestens 0,75 m markiert werden, um „Dooring“-Unfälle zu vermeiden.
- ermöglichen komfortables Radfahren ohne Unterbrechungen: In Fahrradstraßen hat der Radverkehr grundsätzlich Vorrang. Das erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern ermöglicht auch zügiges komfortables Radfahren ohne Unterbrechungen. Fahrradstraßen bieten sich daher als Teil wichtiger innerörtlicher Radverkehrsachsen an, die beispielsweise das Zentrum mit einem anderen Stadtteil verbinden sowie als Fahrradzonen zur fahrradfreundlichen Erschließung von Quartieren, wie zum Beispiel die Fahrradquartiere in Bremen.
Nutzen und Vorteile von Fahrradstraßen
Fahrradstraßen bieten vielfachen Nutzen und Vorteile:
- Mehr Attraktivität für den Radverkehr:Fahrradstraßen bieten mehr Platz. Menschen können komfortabler unterwegs sein, als etwa auf einem Radfahrstreifen. Der Vorrang an Kreuzungen und Einmündungen macht das Radfahren sicherer und zügiger. Gemeinsam Fahrradfahren wird ebenfalls attraktiver, denn in Fahrradstraßen dürfen Radfahrer:innen immer nebeneinander fahren und können sich so beim Radfahren unterhalten.
- Bessere Lebensqualität in den Quartieren: Fahrradstraßen werden vermehrt genutzt, um beispielsweise Wohnquartiere vom Kfz-Durchgangsverkehr und dem damit verbundenen Lärm und den erzeugten Abgasen zu entlasten.
- Mehr Verkehrssicherheit: In gut umgesetzten Fahrradstraßen wird der Kfz-Verkehr auf den nötigen Ziel- und Quellverkehr beschränkt bzw. sogar ganz herausgehalten. In Fahrradstraßen kann die gesamte Fahrbahn durch den Radverkehr genutzt werden. Radfahrende können sich so sicher gegenseitig überholen und es entstehen weniger Konflikte mit Fußgänger:innen oder dem ruhenden Verkehr. Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit in Fahrradstraßen trägt dazu bei, dass der Kfz-Verkehr in der Straße entschleunigt wird. Das kommt auch Menschen zu Gute, die zu Fuß unterwegs sind, sie können z.B. leichter die Straße queren. So nehmen Sicherheit und Lebensqualität gleichermaßen zu.
- Geringer Kostenaufwand und schnelle Einrichtung: Fahrradstraßen müssen lediglich angeordnet werden. Aufwändige bauliche Änderungen wie Tiefbauarbeiten mit Bordsteinverlegung sind für die Einrichtung der meisten Fahrradstraßen nicht nötig. Das hält die Kosten niedrig. In der Premium-Version von Fahrradstraßen kommen auch Aufpflasterungen an Einmündungen sowie von Mittelstreifen und eingefärbter Asphalt zum Einsatz, was die Erkennbarkeit, den Komfort und die Qualität erhöht.
- Bündelung des Radverkehrs: Die Einrichtung von Fahrradstraßen fördert den Radverkehr und bündelt bestehende Radfahrströme auf wichtigen Strecken. So werden Hauptverbindungen für den Radverkehr sichtbarer und schaffen ein einladendes Angebot.
Pop-up-Fahrradstraßen
Insbesondere wenn es sich um Straßen mit niedrigem Kfz-Verkehrsaufkommen handelt, ist es ein einfacher Schritt mit großer Wirkung, eine Fahrradstraße auszuweisen.
Natürlich können Fahrradstraßen auch mit Hilfe von provisorischen Materialien eingerichtet werden, um in kürzester Zeit Verbesserungen für den Radverkehr zu erreichen und ganzheitliche Radverkehrsnetze für Radfahrende allen Alters einzurichten.
Dabei werden vorläufige Verkehrsschilder zur Ausweisung von Fahrradstraßen sowie provisorische Markierungen genutzt. Um Kfz-Durchgangsverkehr in den provisorisch eingerichteten Fahrradstraßen zu unterbinden, können zusätzlich auch Warnbaken oder Blumenkübel zum Einsatz kommen.
Diese sogenannten Pop-up-Methoden sind in Deutschland als Entwurfs- und Gestaltungselement für Radverkehrsanlagen relativ neu, weshalb es hierzulande momentan noch keine praktischen Hinweise bzw. Richtlinien zur Umsetzung von Elementen und Methoden des Schnellausbaus gibt.
Grundsätzliche Orientierung zur Einrichtung von Radverkehrsanlagen als provisorische Schnellausbaumaßnahme gibt aber ein Handbuch der niederländischen Firma Mobycon, welches im Zuge der ersten Erprobungen von Pop-up-Radwegen in Berlin erstellt wurde und zur kostenlosen Nutzung durch andere Kommunen online zur Verfügung steht.
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