
Fahrradstraße Eislingen © ADFC Göppingen Thomas Gotthardt
Das Fahrrad lohnt sich: für einen sicheren Straßenverkehr
Radinfrastruktur macht Straßen sicherer und entlastet Städte und Gemeinden. Wo gut ausgebaute Wege, sichere Querungen und klare Regeln gelten, profitieren Menschen zu Fuß, auf dem Rad und im Auto gleichermaßen.
Gute Radinfrastruktur entlastet alle
Innerorts weichen Radfahrende oft auf Gehwege aus. Das passiert aus Unsicherheit, zur Vermeidung gefährlicher Abbiege- oder Überholsituationen oder weil die Wegeführung unklar ist. Daraus entstehen neue Konflikte, vor allem mit Zufußgehenden.
Auch Ampelschaltungen und Kreuzungen sind häufig nicht auf den Radverkehr abgestimmt. Lange Wartezeiten oder unabgestimmte Grünphasen führen dazu, dass Radfahrende sich andere Wege suchen oder Verkehrsregeln brechen. Rad- und Fußverkehr dürfen jedoch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sichere, getrennte Radwege bedeuten auch mehr Sicherheit für Menschen zu Fuß.
Sie sorgen außerdem für vorausschauendes Fahren im Pkw, denn dann ist Radinfrastruktur gut sichtbar und das Verhalten von Radfahrenden kalkulierbar. Radfahrende müssen dann nicht mehr im Mischverkehr fahren oder auf Fußwege ausweichen. Wo gute Wege vorhanden sind, wird Konfliktvermeidung selbstverständlich und Angstbewältigung überflüssig. Gleichzeitig reduziert ein hoher Radverkehrsanteil die Zahl der Autos auf der Straße. Und je weniger Autos unterwegs sind, desto sicherer wird es im gesamten Verkehrsraum.
Gute Infrastruktur spart Kosten und schafft Platz
Fahrräder machen gleichzeitig die Straßen für diejenigen frei, die aufs Auto angewiesen sind. Vor allem im Bereich des Pendelverkehrs können attraktive Rad(schnell)verbindungen den Druck von der Straße nehmen und volkswirtschaftliche Kosten verhindern. Der Clou ist: Bei gleichen Investitionen kommt deutlich mehr nutzbare, sichere Infrastruktur bei jedem Bürger und jeder Bürgerin an. Dies ist insbesondere angesichts knapper kommunaler Kassen angebracht und eine Möglichkeit für Kommunen, ihren Verkehrssicherungspflichten nachzukommen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeiten in deutschen Städten liegen durch das hohe Verkehrsaufkommen ohnehin deutlich unter 30 km/h, z.B. bei 18 km/h in München, 21 km/h in Berlin und 23 km/h in Nürnberg und Freiburg (Statista 2025). In ganz Deutschland verursachten Staus im Jahr 2024 Kosten von 3,6 Milliarden Euro (Pishue & Kidd 2025). Fahrräder hingegen sind im städtischen Bereich auf Strecken bis zu fünf Kilometern das schnellste Verkehrsmittel, als Pedelec bis zu zehn Kilometern. Sie verbrauchen dabei deutlich weniger Platz als ein Auto und hinterlassen weder Schlaglöcher noch andere Infrastrukturschäden. Auch die Menge an Autos nimmt durch einen hohen Radverkehrsanteil ab und lässt den städtischen Feierabendverkehr besser fließen.
Mehr Verständnis, weniger Konfrontation
Wir alle sind auf Mobilität angewiesen, doch es ist eng geworden auf den Straßen im Land. Anstatt die Raumaufteilung gemeinsam auszuhandeln, wird mehr übereinander als miteinander gesprochen. Diskussionen über die Aufteilung von Verkehrsflächen werden emotionaler. Radfahrende erleben häufig zu enges Überholen, Anfeindungen, Vorurteile und Fehlzuschreibungen, selbst im Falle eines Unfalls. Das verunsichert und hält viele Menschen davon ab, überhaupt Rad zu fahren.
Sichtbarer Radverkehr verändert das. Wo Radwege klar erkennbar sind, wo viele Menschen selbstverständlich radeln und wo Wege eindeutig markiert sind, verlieren Konflikte ihren Nährboden. Radfahrende werden nicht als Hindernis wahrgenommen, sondern als ganz normaler Teil des alltäglichen Verkehrs.
Dadurch steigen Sicherheit, Souveränität und die Bereitschaft, das Fahrrad häufiger zu nutzen. Und wenn mehr Menschen Rad fahren, profitieren am Ende alle, die Rad fahren, zu Fuß gehen und sogar diejenigen, die mit dem Auto unterwegs sind.
Mehr Radverkehr – mehr Verantwortung
Seit 2024 nehmen die täglich mit dem Fahrrad zurückgelegten Kilometer in Baden-Württemberg kontinuierlich zu: von rund 13,2 Millionen Kilometer pro Tag auf rund 15,9 Millionen Kilometer pro Tag im Jahr 2024 (MiD 2023). Gleichzeit schwankt die Zahl der getöteten Radfahrenden von Jahr zu Jahr zwischen 42 und 75 getöteten Menschen (Statistisches Landesamt 2025). Die Zahl der Verkehrstoten insgesamt sinkt, doch die Zahl verunglückter Radfahrenden nehmen entgegen dem allgemeinen Trend seit Jahren zu. Es ist dem Land Baden-Württemberg im Radverkehr nicht gelungen, die Entwicklung der schwerverletzten und getöteten Radfahrenden von den zunehmenden gefahrenen Radkilometern zu entkoppeln.
Querungshilfen, solarbetriebene Bedarfsampeln, Temporeduktion, gute Sichtverhältnisse und ein grundsätzlich respektvolles Miteinander im Verkehr sind zum Teil schnell und einfach umsetzbar und bedeuten einen großen Sicherheitsgewinn für den Radverkehr. Die Verantwortung dafür tragen wir gemeinsam – Politik, Verwaltung, Behörden und alle Verkehrsteilnehmenden. Der Fahrrad-Club setzt sich dafür ein, dass auch Radfahrende die Verkehrsregeln einhalten und wirbt bei seinen Mitgliedern und Aktiven dafür. Sicherheit im Straßenverkehr ist eine gemeinsame Verantwortung.
Das Ziel bleibt die Vision Zero: Kein Radfahrender darf im Straßenverkehr sterben oder schwer verletzt werden.
Unfallrisiken durch Tempo- und Infrastrukturmängel
Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Rad- und Autoverkehr führen häufig zu gefährlichen Überholmanövern und bergen Unfallrisiken. Fahrräder haben keine Knautschzone und ziehen bei einem Zusammenstoß zwangsläufig den Kürzeren. Besonders dort, wo Radinfrastruktur fehlt, die Verkehrsdichte hoch ist und Pkw mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs sind, entstehen Risiken für Radfahrende.
Vor allem beim Queren von Straßen werden Unfälle verkehrsrechtlich den Radfahrenden angelastet, selbst dann, wenn eine Überquerung ohne Hilfe von Infrastruktur kaum sicher zu schaffen ist (Zimmermann 2025). Autos haben einen langen Bremsweg, sind schwer und beim Blick in den Spiegel kann ein Radfahrender schnell übersehen werden. Andersherum müssen Radfahrende bei schnellem Autoverkehr weite Strecken überblicken, wenn sie ohne infrastrukturelle Unterstützung wie Mittelinseln oder Ampeln in Straßen einbiegen oder queren möchte.
In Baden-Württemberg passieren rund ein Viertel aller Radunfälle mit Schwerverletzten außerorts, bilden aber die Hälfte der Unfälle mit Getöteten ab (Zimmermann 2025). Im Gegensatz dazu haben Fahrräder ein deutlich geringeres Potenzial, andere in Gefahr zu bringen. Sie sind leicht und fahren aus eigenem Antrieb selten schneller als 30 km/h. Eine flächendeckende Erfassung aller relevanter Querungsstellen im RadNETZ und eine Strategie zu deren Sicherung sowie die flächendeckende Umsetzung von Rad(schnell)verbindungen und straßenbegleitende Radwege an Landstraßen würden die Unfallfallzahlen im Radverkehr deutlich reduzieren.
Damit der Straßenverkehr für alle sicher wird, muss die neue Landesregierung:
- ihre Radverkehrspolitik konsequent an der Vision Zero ausrichten. Niemand darf auf dem Fahrrad im Straßenverkehr schwer verletzt oder getötet werden!
- Fördermittel des Landes für den Radverkehrsausbau verstetigen, um Radinfrastruktur systematisch auszubauen, inklusive sicherer Querungen, Abstellanlagen und kommunaler Leuchtturmprojekte. Fahrradprojekte sind kein Luxus-, sondern Grundlage einer funktionierenden Gesellschaft.
- Das RadNETZ bis 2030 im Zielzustand fertigstellen, vorhandene Lücken schließen und danach systematisch weiterentwickeln.
- Ein positives Miteinander im Verkehr aktiv fördern, insbesondere durch Kommunikation, Rollenbilder für junge Menschen und klare Vorteile des Radfahrens.
- Polizei gezielt sensibilisieren und schulen.
- Unfallursachen systematisch analysieren und Präventionsmaßnahmen entwickeln.
- Kosten und Nutzen der Verkehrsträger fair bewerten und Maßnahmen zur gerechten Verteilung von Kosten und Platz unternehmen und Projekte zugunsten nachhaltiger Mobilität langfristig absichern.
Quellen: siehe Positionspapier (in der blauen Infobox als PDF zum Download)








