Vision Zero – denn Menschenleben sind nicht verhandelbar!
Jedes Leben zählt – auch im Straßenverkehr!
Mit der Vision Zero werden NULL Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr angestrebt. Das Land Baden-Württemberg bekennt sich zur Vision Zero und ist doch so weit von der lebenswichtigen NULL entfernt.
Menschenleben sind nicht verhandelbar
Die Unfallstatistik spricht eine klare, wenn auch traurige Sprache: Stündlich wird in Baden-Württemberg eine Person im Straßenverkehr schwer verletzt, täglich stirbt ein*e Verkehrsteilnehmer*in. Radfahrende sind keine Ausnahme in dieser Statistik: Stündlich wird ein Radfahrer oder eine Radfahrerin in einen Verkehrsunfall verwickelt, wöchentlich stirbt eine Rad fahrende Person in Baden-Württemberg.
Bedenkt man, dass der Schutz des Lebens und der Gesundheit im Grundgesetz der Bundesrepublik besonders hohen Stellenwert genießt (Art. 2 GG), und dass die Sicherheit im Verkehr laut StVO oberste Priorität besitzt (§1, Abs.2 StVO), ist die Unfallstatistik ein deutliches Zeugnis für politisches Versagen im Land.
Im Straßenverkehr ist nur eine Zahl akzeptabel: NULL Verkehrstote, NULL Schwerverletzte, NULL Unfälle. Die Vision Zero drückt dies aus und sie muss daher Grundlage allen politischen Handelns in der Verkehrspolitik werden.
Gudrun Zühlke, Landesvorsitzende
Die Ursprünge der "Vision Zero"-Strategie liegen in der Industrie und gehen zurück bis ins 19. Jahrhundert. Schon damals galt die Vision einer Welt ohne Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen als höchstes Ziel. Im Laufe der Jahre wurde die Idee der Vision Zero auf andere Lebensbereiche übertragen, so auch auf den Straßenverkehr.
Ein Vergleich zwischen tödlichen Arbeitsunfällen und Straßenverkehrstoten zeigt jedoch, dass die Vision Zero im Straßenverkehr noch weit von der Realisierung entfernt ist: 2020 registrierte die deutsche Unfallversicherung 544 tödliche Arbeitsunfälle in Deutschland, im Straßenverkehr kamen im selben Jahr 2.719 Menschen ums Leben.
Der ADFC fordert die Landesregierung und alle politisch Verantwortlichen im Land daher auf, das Bekenntnis zur Vision Zero ernstzunehmen und endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die NULL im Straßenverkehr zu erreichen und Mobilität nicht mehr mit Menschenleben zu bezahlen.
Unfälle vermeiden und Unfallfolgen mindern
Um die Vision Zero zu erreichen, reicht es nicht, individuelle Schutzmaßnahmen (Helm, Warnweste, Airbag) oder Fähigkeiten (Fahrtechnik) zu erhöhen und zu verbessern. Der Mensch bleibt trotz allem ein Wesen, das nicht fehlerfrei handelt. Folglich müssen Maßnahmen in den Fokus gerückt werden, die weniger das Individuum in die Verantwortung nehmen, sondern vielmehr das Verkehrssystem so verändern, dass Unfälle vermieden und Unfallfolgen verringert werden.
Die Vision Zero verlangt daher nach Verkehrssystemen, die:
- menschliche Fehler verzeihen.
- tödliche und schwerwiegende Unfallfolgen vermeiden.
Damit die Vision Zero kein unerreichbares Ziel bleibt, müssen unsere Verkehrssysteme an den Menschen angepasst werden. Einfache Beispiele für fehlerverzeihende und Unfallfolgen reduzierende Maßnahmen sind beispielsweise die Trennung von Auto-, Rad- und Fußverkehr, eine Entkoppelung von Parkplatzflächen und Radwegen sowie eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit.
Alle Akteure – vom Fahrzeughersteller bis hin zu den Behörden, Politik und Versicherungen – sind dafür verantwortlich, die Verkehrssysteme dementsprechend anzupassen. Die individuellen Verkehrsteilnehmer*innen sind deshalb aber nicht von ihrer Pflicht zur Einhaltung bestehender Regelungen befreit, sondern tragen damit ebenfalls zur Vision Zero bei.
Ungenutztes Potenzial für mehr Verkehrssicherheit
Dass die Vision Zero aktuell noch Zukunftsmusik ist, liegt v.a. daran, dass die Politik seit Jahrzehnten, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten billigend in Kauf nimmt und wirksame Maßnahmen verschleppt und ignoriert. Besonders im Bereich der gesetzlichen Regelungen und Verkehrsinfrastruktur sind viele Potenziale bisher ungenutzt. Die Landesregierung, die sich zur Vision Zero bekennt, muss die Potenziale nutzen und der NULL so näher kommen.
Der ADFC hat sechs konkrete Forderungen formuliert, die den Weg zur Vision Zero ebnen:
- Konsequente Anwendung des aktuellen Rechtsrahmens und Durchsetzung bestehender Regelungen
- Detaillierte Untersuchung der Ursachen aller Fahrradunfälle und Konsequenzen aus den Erkenntnissen ziehen
- Reduzierung zulässiger Geschwindigkeiten
- Systematische Verbesserung der Radinfrastruktur hin zu einem sicheren, selbsterklärenden Radnetz für alle
- Zentrale Aufnahme, Priorisierung und systematische Beseitigung gefährlicher Infrastruktur
- Verbesserung des Rechtsrahmens
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