Bewohnerparkgebühren: Klimaschutz durch Gebührengestaltung
Seit Juli 2021 können alle Kommunen in Baden-Württemberg eigene Bewohnerparkgebühren in der Gebührenordnung festlegen. Die ersten Kommunen machen vom neuen Rechtsrahmen bereits Gebrauch.
Bis 2021 war die Höhe der kommunalen Bewohnerparkgebühren bundesweit auf maximal 30,70 € im Jahr begrenzt. Mittlerweile hat das Land Änderungen im Bundesfernstraßengesetz genutzt, um baden-württembergischen Städten Parkgebühren in eigenem Ermessen zu erlauben.
Kommunen haben es seit 2021 selber in der Hand:
- Wie will eine Kommune die Nutzung des öffentlichen Raums vor Ort gestalten?
- Welche Rolle nimmt der ruhende und fließende Autoverkehr in einer Kommune ein?
- Inwieweit nutzt eine Kommune das Instrument der Gebührengestaltung, um dem Klimaschutz Rechnung zu tragen?
- Wie kostenorientiert wirtschaftet eine Kommune mit dem öffentlichen Raum?
- Welchen Stellenwert ordnet eine Kommune der Lebensqualität zu?
In der ParkgebVO hat das Land keinen Höchstsatz festgelegt. Das bedeutet, die Kommunen können selbst lageangemessene Gebühren festlegen. Bei Kommunen ohne eigene Straßenverkehrsbehörde ist das jeweilige Landratsamt zuständig.
Im Begleitschreiben zur ParkgebVO wird ein Rechenbeispiel für angemessene Bewohnerparkgebühren aufgeführt. Dieses errechnet eine jährliche Gebühr von 406 € für einen Bewohnerparkausweis (239 € Bodenrichtwert, 100 € Unterhaltungskosten, 67 € Herstellungskosten).
Kommunen stehen einige Handlungsspielräume bei der Gebührendifferenzierung zur Verfügung. Diese können sich beispielsweise aus der Fahrzeuggröße ergeben (Freiburg, Tübingen). Ebenso kann die Anzahl der Fahrzeuge pro Haushalt berücksichtigt werden. Auch die Lage der Parkmöglichkeit und die Qualität des lokalen ÖPNV sind Kriterien, an denen sich die Gebühr orientieren kann. Soziale Kriterien können berücksichtig werden und für Menschen mit Schwerbehinderung kann eine Parkerleichterung gewährt werden.
Erste Kommunen in Baden-Württemberg haben bereits eine Erhöhung der Parkgebühren beschlossen:
Freiburg
In der Metropole Südbadens hat der Stadtradt eine Anhebung der Bewohnerparkgebühren auf durchschnittlich 360 € im Jahr beschlossen. Diese gelten seit dem 1. April 2022. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Gebührenerhöhung inzwischen bestätigt. Ein FDP-Stadtrat hatte gegen die Erhöhung geklagt. In der richterlichen Entscheidung ist zu lesen, dass das Verhältnis von Leistung und Gebühren angemessen sei (zum Vergleich: Mietskosten in einem Parkhaus 2280 € jährlich). Zum Erreichen der Klimaschutzziele sei eine Erhöhung der Parkgebühren als Lenkungswerkzeug zudem angemessen.
Die Stadt hat eine erste Auswertung zur Ausstellung und Verlängerung von Parkberechtigungen vorgestellt:
- April – Juni 2019: 3085
- April – Juni 2020: 3373
- April – Juni 2021: 3411
- April – Juni 2022: 1241
Karlsruhe
Der Karlsruher Gemeinderat hat die Gebühr für einen Bewohnerparkausweis im Dezember 2021 auf 180 € pro Jahr durch Erlass einer neuen Bewohnerparkausweisgebührensatzung festgelegt.
Nagold
Der Stadtrat hat die Gebühren für das Anwohnerparken auf 160 € festgelegt.
Tübingen
In der Stadt am Neckar werden 120 € pro Jahr fällig. Für besonders schwere Fahrzeuge mit mehr als 1,8 Tonnen werden 180 € pro Jahr erhoben.
Reutlingen
Hier kostet der Bewohnerparkausweis in den Bewohnerparkzonen im Regelfall 120 € pro Jahr.
Laut Auskunft der Stadt wurden mit der Gebührenanpassung mehrere Ziele verfolgt:
- Anpassung an Preisentwicklung seit 1993
- Berücksichtigung des gestiegenen Parkdrucks (steigender Kfz-Bestand => Parkplatz höherer Wertigkeit)
- Realistischer „Preis“ für den öffentlichen Raum
- Zusätzliche Einnahmen für die Haushaltskonsolidierung
- Reduktion des Pkw-Besitzes
- Beeinflussung des Mobilitätsverhaltens / Verlagerung von Fahrten auf den Umweltverbund
- Stärkere Nutzung privater Stellplätze, die bisher anderweitig genutzt werden.
30% der Bewohnerparkausweise wurden zurückgegeben!
Rheinfelden
Die kleine Kommune an der Grenze zur Schweiz hat die Gebühren für einen Bewohnerparkausweis auf 60 € pro Jahr angehoben.
Biberach an der Riß
Die Stadt hat eine Staffelung der Gebühren im Altstadt- und Innenstadtbereich beschlossen und eine schrittweise Erhöhung der Gebühren von mindestens 60 € pro Jahr auf bis zu 165 € im Jahr ab 2024 im Innenstadtbereich.
Konstanz
Der Gemeinderat hat eine Anpassung der Gebühren auf 150 € pro Jahr ab 2023 beschlossen. Ursprünglich waren 240 € pro Jahr diskutiert worden.
In allen Orten gelten besondere Regelungen für soziale Härtefälle und Menschen mit Behinderung.
Stuttgart prüft weiterhin eine Erhöhung von Anwohnerparkgebühren.
Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende!
Seit über 30 Jahren macht sich der ADFC Baden-Württemberg stark für:
- sichere Radwege für alle
- mehr Wertschätzung des Radfahrens in Kommunen, Betrieben und Schulen
- mehr und bessere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder
- den Ausbau des Fahrradtourismus
- und für alles, was den Radverkehr in Deutschland voranbringt.
Dabei haben wir schon viel erreicht. Aber es gibt immer noch viel zu tun, um Baden-Württemberg zu einem fahrradfreundlichen Bundesland zu machen.
Was wir dafür brauchen: Ihre Spende! Ob 10, 20 oder 50 Euro – jeder Beitrag hilft uns.